INFEKTIONSKRANKHEITEN der Katze

 

Toxoplasmose

Die Toxoplasmose ist eine Infektion, die durch einen zu den Protozoen (=primitivste tierische Lebewesen, bilden den Übergang von der Pflanze zum Tier) gehörenden Einzeller, Toxoplasma gondii, verursacht wird. Er ist weltweit verbreitet, nur in der Antarktis findet man ihn nicht. Es handelt sich um einen intrazellulären Gewebeparasiten, der sich sowohl geschlechtlich, als auch ungeschlechtlich vermehren kann und der in drei Entwicklungsstadien vorkommt:

  1. Endozoiten, die sich sehr schnell vermehren und sich sowohl innerhalb, als auch außerhalb der Zellen entwickeln. Aus ihnen gehen die Stadien hervor, die sich geschlechtlich vermehren. Endozoiten überleben in der Außenwelt nur sehr kurz, bei oraler Aufnahme werden sie im Magen abgetötet.
  2. Toxoplasmazysten mit Zystozoiten  entwickeln sich in allen Geweben und Organen. Sie können knapp 0,3 mm groß werden und bis zu 14.000 Zystozoiten, die sich relativ langsam (ungeschlechtlich) vermehren,  enthalten. Im lebenden Gewebe sind sie lange lebensfähig und führen im Wirt zu einer ständigen Bildung von Antikörpern. Im rohen Fleisch überleben sie bei 4°C Lagertemperatur etwa drei Wochen, Garen über 66°C oder Tiefgefrieren bei unter  -20°C über mehrere Tage tötet sie ab.
  3. Oozysten sind die sehr widerstandsfähigen Dauerstadien. Sie sind in der Umwelt etwa ein Jahr, unter sehr guten Bedingungen sogar 18 Monate, lebensfähig.   Trockene Hitze von 70°C, kochendes Wasser und Jodtinktur tötet sie ab, gegen die meisten anderen Chemikalien sind sie unempfindlich.

T.gondii kann in allen Säugetieren und auch Vögeln vorkommen, wobei nur Katzen (Haus-, Wild-, Großkatzen) Endwirte sind, nur in ihnen findet die geschlechtliche Vermehrung der Toxoplasmen  statt, nur Katzen scheiden (kurze Zeit) Oozysten mit dem Kot aus.  Alle anderen Tierarten fungieren als Zwischenwirte, der Mensch ist genau genommen nur ein Nebenwirt (akzidenteller Zwischenwirt). Allerdings hatten viele Menschen im Laufe ihres Lebens unbemerkt eine Infektion mit T.gondii, Schätzungen nach etwa 1/3 der Weltbevölkerung. In Mitteleuropa weisen in Abhängigkeit vom Lebensalter bis zu 70% der Menschen spezifische Antikörper auf (etwa 30% der 20-25jährigen bis zu 70% der 60-65jährigen).

Nimmt eine Katze über Beutetiere oder rohes Fleisch Toxoplasmazysten auf, gelangen die Zystozoiten in die Zellen des Darmepithels und vermehren sich zunächst über mehrere Entwicklungsstadien etwa drei Tage lang ungeschlechtlich, bis letztendlich Gamonten ( begeißelte Gameten = ‘Spermien‘,  Riesengameten=‘Eizelle‘) entstehen. Nun kommt es über geschlechtliche Vermehrung zur Bildung von Oozysten, die innerhalb von 21 Tagen mit dem Kot ausgeschieden werden, wobei das Maximum im Zeitraum von 5-8 Tagen nach der Infektion liegt.  Diese Oozysten sind aber noch nicht infektiös, sie werden es  erst nach Kontakt mit Luftsauerstoff je nach Umweltbedingungen innerhalb von 1-4 Tagen.  Während sich T.gondii im Darm der Katze vermehrt, dringt gleichzeitig ein Teil der Zystoiten in verschiedene Organe ein und es bilden sich Toxoplasmazysten (nach 9 Tagen finden sich die ersten Zysten im Herzen, etwas später im Gehirn).

Infiziert sich die Katze über Oozysten (Aufnahme über Gras oder Putzen von kontaminiertem Fell), wandert der Erreger zunächst aus dem Darm heraus in verschiedene innere Organe und vermehrt sich dort. Anschließend kehrt er in den Darm zurück und vermehrt sich dort bis letztendlich Oozysten ausgeschieden werden. Durch diesen Umweg werden die Oozysten später und bis zu 36 Tage nach der Infektion ausgeschieden.

In den allermeisten Fällen kommt es durch T.gondii zu keiner klinisch manifesten Infektion, d.h. es zeigen sich keine Symptome. Ausnahmen sind Menschen mit geschwächtem Immunsystem (z.B. bei AIDS) oder Feten, deren Mutter in der Schwangerschaft erstmalig Oozysten aufnimmt. Ob es zu Verhaltensänderungen beim Menschen aufgrund von Toxoplasmazysten im Gehirn kommt, beschäftigt zwar seit Jahren die Wissenschaft, ist aber reine Spekulation und konnte noch nie nachgewiesen werden.

Bei der Katze kann es allerdings in seltenen Fällen nach dem ersten Kontakt mit dem Erreger zu akutem Dünndarmdurchfall kommen, der i.d.R. ohne Behandlung vergeht. Die Ausnahmefälle, in denen der Durchfall chronisch zu werden beginnt, sind mit bestimmten Antibiotika mit gutem Erfolg zu therapieren. Es darf aber nicht verschwiegen werden, dass es auch (seltene) Fälle gibt, in denen sich nach Erstinfektion die Erreger in Organen der Katze (bes. betroffen sind Leber, Lunge, ZNS und Pankreas) explosionsartig vermehren.  Dies wurde bei Katzen mit FeLV, FIP und FIV oder nach einer Nierentransplantation, also bei Tieren mit Immunsuppression, dokumentiert. Als erste klinische Symptome beobachtet man Apathie, Anorexie und Fieber. Im Verlauf kommt es zu Hypothermie (Untertemperatur),  Aszites (Bauchwasser), Ikterus und Atemnot.  Nun kann die Toxoplasmose zum Tod der Katze führen oder sie geht in eine subletale chronische Form über.  Hierbei magert die Katze stark ab, sie entwickelt eine Uveitis (Entzündung bestimmter Abschnitte im Auge), chronischen Durchfall, Muskelhyperästhesie (Muskelschmerzen) und es kann zu Anfällen kommen. Wenn diese Fälle auch selten sind, darf man sie bei entsprechendem Vorbericht (Freigänger, Fütterung mit rohem Fleisch) differentialdiagnostisch nicht außer Acht lassen, bes. da diese Form der Toxoplasmose meist unheilbar ist und es immer wieder zu Rezidiven kommen kann. Werden Feten transplazentar (im Mutterleib) infiziert, kommt es zu Totgeburten oder die Welpen entwickeln ebenso wie solche, die laktogen (über die Muttermilch) infiziert wurden nicht selten okuläre (die Augen betreffende) Symptome.

Eine Impfung gegen die Toxoplasmose gibt es nicht. Die einzige Prävention gegen eine Infektion mit dem Parasiten besteht darin, die Aufnahme der infektiösen Oozysten zu vermeiden. Bei jagenden Freigängern ist dies unmöglich. Reine Wohnungskatzen, die konsequent nur mit gekochtem (Dose) oder tiefgefrorenem Fleisch gefüttert werden , werden sich kaum mit Toxoplasmose anstecken.

Zoonotische Aspekte: Wie beim Tier verläuft eine Infektion mit T.gondii auch beim Menschen i.d.R. symptomslos oder mit leichten Symptomen im Zuge der Abwehrreaktion eines intakten Immunsystems (selbstlimitierendes Fieber, vorrübergehende Lymphknotenschwellung). Bei Menschen mit Immunsuppression (z.B. im Verlauf einer HIV-Infektion, bei Menschen nach Organtransplantation oder während einer längeren Therapie mit Glucocorticoiden) oder wenn sich eine Frau während einer Schwangerschaft das erste Mal mit T.gondii infiziert, kann eine Toxoplasmose allerdings schwerwiegende Folgen haben. Auch wenn Katzen infektiöse Oozysten ausscheiden können, ist Körperkontakt mit ihnen (z.B. Streicheln) wohl kaum ein Weg, sich mit Toxoplasmose anzustecken, wie auch aus oben Beschriebenem hervorgeht:

  1. Katzen scheiden Oozysten nach primärer Infektion nur wenige Tage bis Wochen aus. Auch wenn sie Immunsuppressiva (‘Cortison‘) bekommen oder mit FeLV oder FIV infiziert sind, kommt es sehr selten zu einer erneuten Ausscheidung.
  2. Ausgeschiedene Oozysten sind nicht sofort infektiös, sie müssen dazu mindestens einen Tag Kontakt zu Luftsauerstoff haben. Eine normale, gesunde Katze würde nie zulassen, dass Kot derart lange ihre Haut oder ihr Fell kontaminiert.
  3. Weder bei Katzenhaltern mit AIDS, noch bei Berufsgruppen, die häufig mit Katzen zu tun haben, konnte ein erhöhtes Risiko, sich mit Toxoplasmose zu infizieren, nachgewiesen werden.

Viel wahrscheinlicher ist es, sich durch den Verzehr von rohem Fleisch (auch Mett, Salami und roher Schinken sind nicht gegart!) oder über Oozysten aus der Umwelt zu infizieren. Wer also eine Infektion mit T.gondii verhindern will, muss andere Vorkehrungen treffen:

  1. Katzenbesitzer sollten genau auf eine saubere Katzentoilette achten (Kot möglichst bald beseitigen, Toilette öfters mit heißem, möglichst fließendem Wasser säubern), Schwangere sollten die Reinigung ihrem Partner überlassen oder zumindest Handschuhe dabei tragen.  
  2. Bei der Gartenarbeit sollten möglichst Handschuhe getragen werden und die Hände nach getaner Arbeit gut gewaschen werden.
  3. Frisches Gemüse ist vor dem Verzehr gut abzuwaschen.
  4. Sandkästen sollten abgedeckt werden.

Diese Maßnahmen schützen übrigens nicht nur vor Toxoplasmose, sondern auch vor dem gefährlichen Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis)!

  1. Beim Zubereiten von Fleisch sind möglichst Handschuhe zu tragen und der Arbeitsplatz ist ebenso wie die Hände anschließend gut zu säubern. Fleisch sollte nur durchgegart (Kerntemperatur mind. 66°C; tötet auch Salmonellen ab) oder nach mindestens dreitägigem Einfrieren bei unter -20°C  gegessen oder an die Katze verfüttert werden. Auf Rohwurst sollte verzichtet werden.

Dr.med.vet.Daniela Kerscher, 2013.

 

Literatur:

BOCH,J., SUPPERER, R.: Veterinärmedizinsche Parasitologie, 2.Auflage, Parey Verlag, Berlin, Hamburg, 1977.

WIESMANN, E., ECKERT,J.: Protozoen, in: Medizinische Mikrobiologie, 4.Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart, 1978.

LAPPIN, M.R.: Feline Toxoplasmose, in: Innere Medizin der Kleintiere, Nelson, R.W. und Couto,C.G. (Hrsg.), 1.Auflage, Urban&Fischer Verlag, München, Jena, 2006.